Eine Ausstellung, die wirkt
Noch in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts 13 hat Italien seinen Anspruch auf das Hinterland von Triest geltend gemacht, wenn auch vergeblich. Doch es war in der gleichen Zeit, als die Südtirolaktivisten mit einer Serie von Anschlägen das Recht Südtirols auf politische Selbstbestimmung einforderten und Italien darauf mit brutalen Polizeiaktionen reagierte, willkürlich verhaftete und folterte – in einigen Fällen mit Todesfolge. Politische Schauprozesse folgten. Das Zweierlei-Maß war das Merkmal des italienischen Staates in der Südtirolfrage.
Die spätere und andauernde staatliche Selbstbelobigung mit der Südtirolautonomie und die Anpreisung als angeblich weltbeste Autonomie – wie es in einer Landesbroschüre einmal hieß – ist gleich mehrfach weder rechtlich noch historisch-politisch angemessen. Es war der Kampf vor allem der Südtiroler Volkspartei (SVP), die am Ende die verbesserte Autonomie für Südtirol erreichte. Die knappe Zustimmung der SVP-Landesversammlung 1969 erinnerte aber an die Zwiespältigkeit der verstärkten Autonomie: sie ist nicht die Lösung der Südtirolfrage. Die Südtiroler sind im politischen Sinne ein Volk, dem die Selbstbestimmung zusteht, die aber immer verweigert wurde und wird.
Es besteht keine Ursache, dem Fremdstaat Italien übermäßig Dank für die zwar verbesserte, aber immer gefährdete Autonomie zu zollen. Doch politisch ist es dem entschiedenen Einsatz des österreichischen Außenministers Bruno Kreisky zu verdanken, der angesichts der gleichzeitigen Untätigkeit und heimlichen Sabotage der ÖVP – der Historiker Helmut Golowitsch hat es verdienstvoll nachgewiesen – die Südtirolfrage vor die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) brachte. Dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) ist es aber grundlegend zu verdanken, dass sich Italien ab dem Herbst 1961 aus Angst vor den Vorgängen in Südtirol und der daraus erwachsenen internationalen Pressereaktion zu Verhandlungen bewegen ließ.
Daran erinnert die Ausstellung mit ihren Erinnerungsstücken und Texten. Sie schreibt sich damit in das Gedächtnis der Gegenwart ein und wirkt als Stachel der historischen Wahrheit gegen das Vergessen und die unterschwelligen Versuche der mittlerweile opportunistisch-irritierenden Politik in Südtirol entgegen. Ohne die Südtirol-Aktivisten des BAS wäre für Italien nicht der Verhandlungsdruck entstanden, den die Südtirolpolitik erfolgreich ausnutzen konnte. Natürlich wird das vom offiziellen Italien nie zugegeben, und in italienischen Regierungsprotokollen findet sich natürlich kein Hinweis auf die schlichte Angst, unter der der Fremdstaat sich in die Verhandlungen begab. Vernünftige und demokratisch gesinnte italienische Ministerpräsidenten wie Aldo Moro und schließlich Giulio Andreotti konnten mit gutem Willen das Werk der verbesserten Autonomie voranbringen. Sie ist aber kein Ersatz für das unverzichtbare Selbstbestimmungsrecht und folglich nur ein politisches Provisorium.
Die Ausstellung findet Zuspruch, auch unter vielen jungen Leuten, die wissen wollen, wie der Südtiroler Freiheitskampf zustande kam, aus welchen Beweggründen, mit welchen großen Opfern und Folgen für die Betroffenen. Die damalige Südtiroler Politik hat nicht einmal auf die entsetzlichen Folterungen und menschenverachtende Behandlung der Verhafteten entschieden reagiert. Die legitimen Protestmittel wurden nicht annähernd ausgeschöpft. Massenproteste und entschlossene Initiativen auf internationaler Ebene wären wirksam gewesen. Damit machte sich die damalige SVP unfreiwillig politisch mitschuldig an den Untaten der Staatsmacht, die die Folterknechte freisprach, amnestierte oder sogar amtlich belobigte. Die Ausstellung, längst zu einem Erfolg im Sinne ihrer Zielsetzung geworden, wirkt in die Zukunft fort. Dafür ist all jenen zu danken, die das Werk gegen alle Widerstände ins Leben gerufen haben. Stellvertretend ist dem verstorbenen Südtirol-Aktivisten Sepp Mitterhofer und dem Militärhistoriker des österreichischen Bundesheeres, Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner, zu danken. Der „Verein Südtiroler Geschichte“ unter seinem Obmann RA Mag. Andreas Schwaighofer hat die engagierte Trägerschaft übernommen.
Dr. Franz Pahl
SVP-Landtagsabgeordneter a.D.
Vorstand des Ausstellungsbeirates „Haus der Tiroler Geschichte“